In den letzten Wochen gab es zwei Entwicklungen, die mehr oder weniger eher am Rande wahrgenommen wurden, jedoch eine bedeutende Symbolkraft besitzen. Denn es wurden sozusagen Tabus gebrochen.

Zum einen erhebt Zara nun Gebühren auf Retouren. Wollen Kund:innen etwas retournieren, müssen sie nun 1,95€ zahlen. Zum anderen hat sich Zalando vom bedingungslosen kostenlosen Versand verabschiedet; ab sofort sind Bestellungen erst ab 24,90€ kostenfrei. Nachdem bereits andere Shops Mindestbestellmengen für kostenfreien Versand definiert hatten, hatte sich Zalando lange dagegen gestemmt - und hat den Widerstand nun aufgegeben.

Die Entwicklungen im Bereich Versand und Logistik sind seit Jahren schon dynamisch, was eben der Tatsache geschuldet ist, dass sich der Onlinehandel stark entwickelt hat. Insofern überrascht es auch nicht, dass alte Tabus gebrochen oder ehemalige Selbstverständlichkeiten zur Unmöglichkeit werden.

Aber in welche Richtung gehen die Entwicklungen im Versand und in der Logistik? Was sind die kommenden Trends? Welche Erwartungen haben Onlineshopper:innen?

Angesichts der Tatsache, dass Versand und Logistik ein fester Bestandteil des Onlinehandels sind, müssen sich Händler:innen diesen Fragen widmen, weil sie auch entscheidend für den eigenen Erfolg sind. Schließlich erhalten Kund:innen ihre erworbenen Produkte erst mit dem Versand. Und wenn ihre Erwartungen nicht erfüllt werden, läuft man als Händler:in Gefahr, sie an die Konkurrenz zu verlieren.

Wir hatten diesbezüglich mit einer Expertin gesprochen, nämlich Lena Dietrich von Sendcloud, einem Anbieter für Versandlösungen und einer unserer größten Unterstützer auf Merchant Inspiration. 

Sendcloud verfügt nicht nur qua Tätigkeitsbereich über viele Insights im Bereich Versand, sondern erhebt mit dem Lieferkompass in Zusammenarbeit mit Nielsen, einem renommierten Marktforschungsunternehmen, auch selbst Daten und führt Studien durch. Insofern kann man sich darauf verlassen, dass ihre Daten und Insights recht solide sind. Besonders spannend ist dabei, dass sie vor der Corona-Pandemie damit begonnen und später, nach Ausbruch der Pandemie, erneut Daten erhoben haben. 

Hier sind 7 wichtige Insights bezüglich E-Commerce, Versand und Logistik:

  1. Weitere Zielgruppen berücksichtigen

Bei Deinen Plänen für den Versand und die Logistik solltest Du zunächst berücksichtigen, dass die Bandbreite an Zielgruppen gerade aufgrund der Pandemie größer geworden ist. Altersklassen, die früher eher weniger online geshoppt haben, kaufen heute verstärkt online. Dazu gehört die Gruppe der sehr jungen (Teenager:innen), was vermutlich auf die verstärkte Nutzung von Social Media während der Hochphase der Pandemie zurückzuführen ist. Die andere Gruppe befindet sich am anderen Ende der Altersskala, dass nämlich verstärkt auch ältere Menschen (60+) teilweise online shoppen mussten, die Vorzüge aber auch entdeckt haben und nun dabei bleiben. 

Allerdings haben beide Altersgruppen auch sehr unterschiedliche Bedürfnisse, Erwartungen und auch Affinitäten. Beispielsweise sind Jüngere deutlich digitialaffiner und kommen beispielsweise mit digitalen Retouren oft besser zurecht. Insofern solltest Du Deine Kund:innen genau kennen, um ihnen auch die beste Lösung anzubieten.

  1. Kund:innen werden geduldiger

Lieferengpässe, Personalengpässe, Wartezeiten... diese Worte bestimm(t)en die Schlagzeilen in den letzten beiden Jahren und tun es immer noch. Die Menschen haben sich daran gewöhnt (bzw- gewöhnen müssen), dass man Geduld braucht. Das gilt auch für die Lieferzeiten, denn auch diesbezüglich sind Kund:innen geduldiger geworden. 

Lag die Schmerzgrenze vor der Pandemie bei 3 Tagen, die Kund:innen bereit waren auf die Bestellung zu warten, sind es mittlerweile 5 Tage.

Aber: Fast jede:r Zweite bricht den Kauf ab, wenn die Lieferzeit unklar ist. Geduldig zu sein bedeutet eben nicht, dass Kund:innen im Dunkeln bleiben wollen, was die Ankunft ihrer Bestellungen angeht. Daher sollte sie am besten nicht nur im Shop genannt und gegebenenfalls aktualisiert werden, sondern auch im Checkout.

  1. Paketdienste: Multi-Option lohnt sich 

Für Händler:innen wird es immer wichtiger, sich nicht nur bloß auf einen Paketdienstleister zu verlassen, sondern mehrere Optionen für Kund:innen anzubieten. Besonders im Hinblick auf Retouren ist dies wichtig; denn Kund:innen, die beispielsweise außerhalb von Ballungsräumen leben, haben oft den Paketshops eines Anbieters in der Nähe. Und wenn dieser Anbieter nicht in Deinem Shop zur Verfügung steht, kaufen Kund:innen dann gegebenenfalls dort ein, wo dies der Fall ist.

Es kann aber auch andere Gründe dafür geben, warum Kund:innen einen bestimmten Paketdienst bevorzugen; zum Beispiel kann es sein, dass sie eine schlechte Erfahrung mit einem bestimmten gemacht haben und ihn daher ausdrücklich meiden. So würden sogar 20% den Kauf abbrechen, wenn der gewünschte Paketdienstleister nicht angeboten wird. Insofern sind Shops, die einen Mix an Versanddienstleistern anbieten, deutlich im Vorteil.

  1. Grenzüberschreitende Käufe immer beliebter

Jede:r zweite Käufer:in hat bereits in einem ausländischen Onlineshop einen Kauf getätigt. Auch wenn man nicht mehr sagen kann, dass die Welt im Allgemeinen zusammenrückt, so gilt dies für Partnerländer noch mehr. Für Kund:innen, die heutzutage oft auch multilingual sind, ist es nichts Abschreckendes, wenn der Onlineshop ausländisch ist. Es gibt schließlich beispielsweise auch viele Produkte, die es nur in einem bestimmten Land gibt. Und um nicht auf den nächsten Urlaub zu warten, um das Produkt zu kaufen, will man es in der Zwischenzeit gerne online kaufen. Das Potenzial ist also sehr hoch.

Und auch die Probleme, die es früher noch gab, wie beispielsweise sehr lange Lieferzeiten oder sehr hohe Versandkosten, wurden mittlerweile abgemildert. Händler:innen können mit Versanddienstleistern relativ gute Optionen aushandeln, um internationalen Versand zu ermöglichen. Andererseits können sie die Lieferkosten auch "quersubventioneren", wie wir es im nächsten Punkt näher erläutern.

Darüber hinaus hat Shopify aber auch mit Shopify Markets den internationalen Handel vereinfacht. Für Shopify-Händler:innen ist der Eintritt in neue Märkte daher relativ einfach. 

Welche weiteren Möglichkeiten es gibt, auf Shopify international zu verkaufen, erklären wir in diesem Artikel. Wenn Du wissen möchtest, was Du im Allgemeinen beachten solltest, wenn Du international tätig sein willst, empfehlen wir diesen Artikel.

  1. Lieferkosten richtig kalkulieren

Lieferkosten gehören zu den größten Conversion-Killern, wenn sie für Kund:innen zu hoch sind. So würden ganze 68% in diesem Falle den Kauf abbrechen. Ganz ohne Versandkosten geht es aber auch nicht mehr, wie das Beispiel Zalando zeigt.

Aber wie sollten sie am besten kalkuliert werden, ohne dass Kund:innen abgeschreckt werden und den Warenkorb verlassen oder den Checkout abbrechen?

Da gibt es verschiedene Möglichkeiten:

- Mindestbestellwert für kostenlosen Versand: Die meisten Shops verfahren mittlerweile so, dass sie kostenlosen Versand ab einem bestimmten Mindestbestellwert anbieten. Das bietet auch den Vorteil, dass der durchschnittliche Warenkorbwert steigt, da Kund:innen meist lieber ein weiteres Produkt kaufen möchten, anstatt für den Versand zu bezahlen.

Allerdings kommt es aber auch darauf an, wie der Mindestbestellwert definiert wird. Sind die Produkte beispielsweise eher niedrigpreisig, der Mindestbestellwert aber relativ hoch, sodass Kund:innen 6-7 Artikel kaufen müssen, um den Wert zu erreichen, dürfte dies keinen positiven Effekt auf die Conversion haben. Zwischen der Produktpalette und dem Mindestbestellwert sollte es zu einer Korrelation kommen, damit kein Missverhältnis entsteht, das keinen Nutzen hat. 

- Lieferkosten "subventionieren": Viele Händler:innen kalkulieren einen Teil der Versandkosten in den Produktpreis ein. Die Versandgebühr sinkt auf diese Weise, aber die Produkte kosten dann etwas mehr. Denn Sendcloud hat eine interessante Entdeckung gemacht: Die durchschnittlichen Versandkosten sind in den letzten Jahren sogar gesunken - während die Paketdienstleister sie eigentlich erhöht haben. Man kann also davon ausgehen, dass eben nicht wenige Händler:innen die Lieferkosten subventionieren und dadurch etwas senken. 

  1. Das Potenzial von Sendungsverfolgungen ausschöpfen

Die Möglichkeit, die Sendung zu verfolgen, ist für Kund:innen von großer Bedeutung. 20% würden sogar keinen Kauf tätigen, wenn keine Sendungsverfolgung angeboten wird. So überrascht es auch nicht, dass E-Mails mit dem Tracking-Link zu den am häufigsten geöffneten E-Mails gehören, was 72% nutzen. 

Dennoch sind E-Mails für Sendungsverfolgungen meist recht standardisiert, unpersönlich, unspektakulär und austauschbar. Dabei bieten sie enormes Potenzial, weil sie eben tatsächlich geöffnet werden.

Als Händler:in könntest Du sie personalisieren, indem Du beispielsweise dort einen Rabatt für den nächsten Kauf anbietest, auf Deine Social-Media-Kanäle verweist oder auch Cross-Sell-Produkte anbietest.

Eine weitere überraschende Erkenntnis ist, dass SMS nach E-Mail-Benachrichtigungen auf Platz 2 landen. Was in den USA nicht unüblich ist, scheint sich auch hier wieder durchzusetzen. Allerdings sollten bei SMS eher keine Marketinginhalte versendet werden, sondern lediglich Infos zur Sendung bzw. zum Sendungsstatus.

  1. Bedingungen für Retouren klar kommunizieren

Was wäre E-Commerce ohne Retouren? Für Händler:innen ist dies ein leidiges Thema, für Kund:innen aber umso wichtiger. Denn eine Kaufentscheidung hängt nicht selten auch davon ab, wie Du Retouren handhabst. Wie wird retourniert? Wie einfach ist der Prozess für Kund:innen? Wie lange gilt das Rückgaberecht? Kund:innen studieren diese Informationen oft, bevor sie dann wirklich einen Kauf tätigen.

Digitale Lösungen wie Retourenportale sind im Allgemeinen dabei besser als Versandetiketten, die mitgeliefert werden. Zum Einen animieren Versandetiketten Kund:innen eher zu retournieren, zum Anderen produzieren sie auch viel Müll. Allerdings hängt dies, wie bereits vorher erwähnt, auch von der Zielgruppe ab. Wer weniger digitalaffin ist, wird mit einem digitalen Retourenportal vielleicht weniger gut zurechtkommen. Und andersrum können vorgedruckte Versandetiketten für umweltbewusste Kund:innen ein No-Go sein.

Und es wird bei Weitem nicht immer retourniert: 48% der Kund:innen, also fast jede:r Zweite, retourniert nicht, weil der Prozess als zu kompliziert und zu aufwändig betrachtet wird. Für Händler:innen kann das zum Problem werden, denn wenn Kund:innen etwas behalten, was sie eigentlich nicht möchten, aber letztendlich tun, weil der Aufwand für die Retoure zu hoch ist, könnten sie eventuell nie wieder etwas kaufen. Und zusätzlich -noch schlimmer- dies auch noch in ihrem persönlichen Umfeld weitererzählen und weitere potenzielle Kund:innen davon abhalten, einen Kauf zu tätigen.

Wichtig sind also zwei Dinge: 

  1. Die Bedingungen für Retouren ganz klar kommunizieren
  2. Den Retourenprozess einfach halten und den Bedürfnissen der Zielgruppe gestalten

Zum Thema Retouren haben wir bereits mehrere Artikel verfasst, die Du gerne lesen kannst, falls Du mehr über das Thema wissen möchtest:

Welche Lösungen und Apps für Retouren gibt es auf Shopify?

Was sind die Best Practices bei Retouren?

Was Du über Retouren wissen solltest: Tipps und Erkenntnisse rund ums Retourenverhalten und- management

7 Tipps, um die Retourenquote zu senken

Was sind die Prognosen für die nächsten Jahre?

Sendcloud prognostiziert, dass zum einen grenzüberschreitende Käufe zunehmen werden. So sind viele Händler:innen, gerade auf Shopify, international tätig. Und für DACH bietet sich das besonders an. 

Zum anderen wird Green Delivery, also klimaneutraler Versand, sicherlich eine noch größere Rolle spielen. Denn bereits jetzt bevorzugen 52% der Kund:innen Shops, die dies anbieten. Allerdings beschränkt sich der Aspekt der Nachhaltigkeit nicht nur auf den Versand; auch auf die Verpackungen wird geachtet. Nicht nur, wie viel verbraucht wird, sondern auch, ob sie etwa recyclebar sind. Wie Du Deinen Shop noch nachhaltiger machen kannst, haben wir übrigens in diesem Artikel thematisiert.

Fazit

Die Zeiten ändern sich, und damit auch die Bedürfnisse und Erwartungen der Kund:innen. Wichtig ist, zeitnah auf Trends zu reagieren, um nicht hinterherzuhinken und sich dadurch im schlimmsten Falle einen Wettbewerbsnachteil zu holen. Und im beste Falle bist Du Vorreiter:in.

Du hast Fragen? Melde Dich gerne bei uns!

Falls Du Fragen haben solltest oder Beratung oder Unterstützung benötigst, setze Dich gerne mit uns in Verbindung. Wir von Tante-E sind eine der führenden Shopify-Experten-Agenturen in Deutschland mit Standorten in Berlin und Köln. Wir betreiben nicht nur eigene Onlineshops auf Shopify, sondern haben in den letzten zwei Jahren 200 Projekte wie Shop-Setups oder Shop-Optimierungen realisiert. Insofern verfügen wir über eine hohe Expertise im Bereich E-Commerce im Allgemeinen und Shopify im Besonderen. Daher würden wir uns sehr freuen, wenn wir auch Dir helfen dürfen. Melde Dich einfach bei uns, wir freuen uns auf Dich.

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