Die Frage, ob Händler:innen auf Shopify Themes oder ein Headless-Setup setzen sollten, begegnet uns bei tante-e immer häufiger. Viele Marken stehen vor genau dieser Problematik - oft verbunden mit der Annahme, dass Headless automatisch mehr Flexibilität, bessere Performance oder ein zukunftssicheres Setup bedeutet.

In Gesprächen mit unseren Kund:innen, in Workshops und bei Projektstarts merken wir jedoch: Häufig stehen Erwartungen und Realität nicht im Verhältnis. Die vermeintlichen Vorteile eines Headless-Ansatzes bringen in der Praxis oft eine ganz eigene Komplexität mit sich.

In diesem Artikel teilen wir unsere Erfahrungen aus beiden Welten. Wir zeigen, wann Headless tatsächlich sinnvoll sein kann und warum wir in den meisten Fällen bewusst auf die Shopify Storefront setzen.

Adrian
Adrian

Das Wissen des Artikels basiert auf den Erkenntnissen von tante-e-Gründer und Shopify-Experte Adrian. Im tante-e-Podcast spricht er regelmäßig mit unseren Expert:innen zu den relevantesten Themen rund um Shopify.

1. Was bedeutet Headless auf Shopify – und was ist Shopify Hydrogen?

Headless bedeutet: Das Frontend – also die sichtbare Oberfläche des Shops – wird technisch vollständig vom Backend entkoppelt. Inhalte, Produktdaten und Funktionen werden über APIs bereitgestellt, das Frontend kann unabhängig davon mit modernen Frameworks wie React aufgebaut werden. Die Gestaltungsmöglichkeiten sind dadurch nahezu unbegrenzt. Allerdings steigt dementsprechend auch der Aufwand.

Shopify hat mit Hydrogen ein eigenes Framework für Headless Storefronts entwickelt. Hydrogen basiert auf React und bietet eine Entwicklungsgrundlage speziell für den E-Commerce. Es richtet sich an Teams mit technischer Erfahrung, die hochgradig individuelle Storefronts entwickeln möchten. Ergänzend dazu stellt Shopify mit Oxygen auch die passende Hosting-Infrastruktur zur Verfügung.

1.1. Unterschiede zwischen Shopify Themes & Headless

Kriterium Shopify Theme Shopify Hydrogen (Headless)
Technologie HTML, CSS, Liquid React + Shopify APIs
Setup-Aufwand Gering – direkt einsetzbar Hoch – individueller Entwicklungsprozess notwendig
Hosting & Wartung Inklusive bei Shopify Eigenverantwortlich (z. B. via Oxygen oder extern)
Teamanforderungen Auch ohne Entwickler:innen nutzbar Nur mit Entwickler:innen realisierbar
Flexibilität Hoch, v. a. mit Shopify OS 2.0 Maximal – vollständige Kontrolle über das Frontend
App-Integration Plug-and-Play über App Store Manuelle API-Integration notwendig
Langfristiger Aufwand Gering, durch Shopify Updates abgedeckt Hoch – laufende Wartung & Weiterentwicklung erforderlich
Output Ressourcen für ansprechendes Look & Feel Hohes Invest in Hintergrundprozesse & Technik, von denen Kund:innen nicht unmittelbar etwas mitbekommen, tatsächlich: weniger Budget & Ressourcen für überzeugende Storefront

Hydrogen ermöglicht volle Kontrolle über die Storefront, inklusive komplexer Animationen, individueller Datenmanipulation oder externer CMS-Anbindungen. Gleichzeitig bringt es aber technologische Anforderungen mit, die nicht jedes Team stemmen kann – und nicht jede Marke braucht.

2. Die Vorteile von Shopify Themes – aus der Projektpraxis

Shopify Themes sind für viele Marken der pragmatischste Weg, einen leistungsfähigen und professionellen Online-Shop umzusetzen. Im Alltag erleben wir immer wieder, wie stark die Vorteile von Shopify Storefronts gerade dann zum Tragen kommen, wenn Teams schnell, flexibel und unabhängig arbeiten möchten.

Warum wir Shopify Themes bevorzugen:

  • Schnelligkeit beim Start:
    Ein Shopify Shop kann in Tagen – nicht Wochen oder Monaten – live gehen. Gerade für Marken mit klarer Produktvision und direktem Vertriebsfokus ist das ein enormer Vorteil.
  • Intuitive Bedienbarkeit:
    Der Theme Editor erlaubt es auch ohne tiefes technisches Wissen, Inhalte, Layouts und Strukturen zu pflegen und anzupassen – direkt im Admin-Interface.
  • Wartung inklusive:
    Shopify übernimmt Hosting, Sicherheit, Updates und Stabilität. Kein DevOps, keine Serverfragen, kein separates Deployment.
  • Kompatibilität mit dem Shopify Ökosystem:
    Apps, Zahlungsanbieter, Erweiterungen – alles ist direkt anschließbar. Ohne individuelle Integrationen oder technische Umwege.
  • Kosteneffizienz:
    Themes reduzieren initiale wie laufende Entwicklungskosten. Für viele Marken ein zentraler Faktor bei Budget- und Ressourcenplanung.
  • Unabhängigkeit für Teams:
    Gerade Content-Teams profitieren: Änderungen können ohne externe Unterstützung umgesetzt werden. Das spart Zeit, Kosten und Nerven.

Welche Themes empfehlen wir am häufigsten? Erfahre alles zu unseren Top Themes auf Shopify.

Zusätzlicher Bonus: Flexibilität mit Shopify OS 2.0

Mit der Einführung von Shopify Online Store 2.0 hat sich die Anpassbarkeit von Themes noch einmal deutlich erweitert – z. B. durch:

  • Flexibel anpassbare Sections
  • Dynamische Inhaltsbereiche
  • Verbesserte App-Integration
  • Metafield-Verwaltung direkt im Admin

Für viele zuvor nur mit Headless mögliche Use Cases gibt es heutzutage tatsächlich native Lösungen im Shopify Theme-Ökosystem. Und diese sind in unserer Erfahrung oft einfacher, schneller und nachhaltiger.

3. Erfahrungswerte mit Headless

Headless klingt im ersten Moment nach Freiheit, Performance und maximaler Gestaltungsfreiheit. In der Praxis hören wir jedoch regelmäßig, dass der vermeintliche Zugewinn an Flexibilität mit deutlichen Einschränkungen im Alltag einhergeht – sowohl auf technischer als auch auf organisatorischer Ebene. Dementsprechend fokussieren wir in unserer Agenturarbeit auf Shopify only. Headless Projektwünsche leiten wir aus Überzeugung an unsere Partner:innen weiter. Im folgenden Abschnitt tragen wir entscheidende Gründe hierfür zusammen.

Typische Herausforderungen bei Headless-Projekten

  • Hoher Entwicklungsaufwand:
    Es wird viel individuell programmiert – vom Grundaufbau der Storefront bis hin zu jeder Funktion, die bei Shopify Themes standardmäßig integriert ist.
  • Komplexe Infrastruktur:
    Headless bedeutet nicht nur ein separates Frontend, sondern auch zusätzliche Tools, Middleware, Hosting-Umgebungen und Schnittstellen. Das erhöht die Fehleranfälligkeit und erfordert spezialisierte Betreuung.
  • Steigende Kosten:
    Durch längere Entwicklungszeiten, laufende Wartung und Instandhaltung entstehen signifikant höhere Initial- und Betriebskosten.
  • Langsamer Alltag:
    Content- und Marketing-Teams verlieren die Möglichkeit, eigenständig Inhalte anzupassen. Selbst kleine Änderungen müssen über Entwickler:innen laufen – was Prozesse verzögert und Ressourcen bindet.
  • Technische Abhängigkeiten:
    Headless-Projekte führen häufig zu starker Agentur- oder IT-Abhängigkeit. Ohne internes Dev-Team wird der Shop schnell zur Blackbox.
  • Wartungsaufwand:
    Shopify übernimmt bei klassischen Storefronts Hosting, Updates und Sicherheit. Bei Headless liegt diese Verantwortung wieder vollständig beim Betreiber.
  • Inkompatibilität mit Shopify Apps:
    Viele Apps lassen sich nicht direkt nutzen, sondern müssen manuell integriert werden – inklusive Schnittstellen, Logik und Frontend-Darstellung.

Adrian sagt dazu:
„Mit Headless zieht die Zähigkeit ein, die wir eigentlich vermeiden wollten. Auf einmal braucht die Marke wieder ein IT-Team – nicht um zu wachsen, sondern um Inhalte auszutauschen.”

Die Freiheit des Headless-Ansatzes bringt also Verantwortung mit sich für Setup, Betrieb und Weiterentwicklung. Und das meist in Bereichen, die Shopify Storefronts oftmals zuverlässig abdecken.

4. Beispiele aus der Praxis: Wann es (nicht) funktioniert

Ob Headless oder Shopify Storefront – in der Praxis zeigt sich schnell, wie tragfähig eine Shoparchitektur wirklich ist. Diese konkreten Beispiele verdeutlichen die Unterschiede.

4.1. Beurer: Headless mit klarer Zielsetzung

Das Familienunternehmen Beurer hat sich bewusst für ein Headless-Setup mit Composable Commerce entschieden – und es erfolgreich umgesetzt. Ausgangspunkt war ein komplexes Setup mit internationalen Anforderungen, mehreren Marken, spezifischen regulatorischen Vorgaben und einer Vielzahl angebundener Systeme.

Was das Projekt auszeichnet:

  • Zentrale Codebasis für alle Länder und Marken
  • Flexible Anbindung an verschiedene Microservices
  • Internationale Skalierbarkeit über eine Architektur
  • Headless Frontend mit eigenem Framework & Hosting via Makaira
  • Klare Projektmethodik (agil, featurebasiert, mit MVP-Fokus)

Durch die technische Expertise im Team, das klare Zielbild und die strukturierte Umsetzung konnte Beurer Headless produktiv und effizient einsetzen – nicht als Selbstzweck, sondern weil es zur Organisationsstruktur und den hochkomplexen Anforderungen passte.

Mehr Infos zur Headless Umsetzung teilte Michael Singer von Beurer auf den Merchant Inspiration Talks 2024.

4.2. nkm: Zurück zur Shopify Storefront

Anders verlief es bei nkm – naturkosmetik münchen. Die Marke hatte sich ursprünglich für ein Headless-Setup entschieden. Sie erhofften sich mehr Freiheiten in der Gestaltung der Storefront. Allerdings traf das Gegenteil ein: die Abhängigkeit von der Agentur sowie der alltägliche Pflegeaufwand wuchsen so stark an, dass nkm sich dazu entschieden, zur nativen Shopify Storefront zurückzukehren. Der Grund: Mit Shopify OS 2.0 konnte das Team viele der angestrebten Funktionen auch ohne Headless umsetzen – schneller, leichter und unabhängiger.

Was sich durch den Wechsel verbesserte:

  • Deutlich geringerer technischer Wartungsaufwand
  • Vereinfachte Content-Pflege direkt im Admin
  • Weniger Agenturabhängigkeit für kleinere Änderungen
  • Effizienteres Arbeiten für das interne Team

Mehr zum nkm Shop erfährst du in unserer ausführlichen Case Study.

4.3. Lady Gaga: Headless Frontend, Shopify Checkout

Ein weiterer interessanter Case ist der Headless-Shop von Lady Gaga, der von Shopify selbst als Referenzprojekt präsentiert wurde. Die Storefront setzt auf ein individuell entwickeltes Frontend mit animierten Elementen und starkem visuellem Fokus.

Trotzdem: Checkout und Kundenkonten laufen weiterhin über die Standard-Shopify-Lösungen. Auch hier zeigt sich, dass zentrale Funktionen aus dem Shopify-Kernsystem genutzt werden – und ein vollständiges „Entkoppeln“ nicht immer notwendig oder gewünscht ist. Headless wird gezielt eingesetzt, wo es Mehrwert bringt – und kombiniert mit bewährten Standards, wo sie sich bewähren.

4.4. XbyX: Weniger Verwaltungsaufwand dank Shopify

XbyX Shop Beispiel

Ein weiteres praxisnahes Beispiel ist XbyX. Die Marke hatte sich zu Beginn für eine getrennte Lösung entschieden: Der Shop lief auf Shopify, während Inhalte wie Blog, Ratgeber & Co. auf einem externen CMS gepflegt wurden. Ziel war es, eine contentoptimierte Plattform zu nutzen, um SEO-Vorteile zu erzielen.

Die Realität sah jedoch anders aus:

  • Hoher Pflegeaufwand durch parallele Systeme
  • Schwieriges Tracking und ungenaue Daten, da unterschiedliche Plattformen nicht optimal zusammenspielten
  • Komplexere redaktionelle Abläufe und längere Abstimmungsprozesse

Die Konsequenz: XbyX entschied sich, den gesamten Content-Bereich zurück auf Shopify zu holen.

Das Ergebnis:

  • Performance blieb gleich oder verbesserte sich sogar
  • Deutlich geringerer Pflegeaufwand
  • Besseres Tracking und konsistentere Datenbasis

Auch hier zeigt sich: Ein natives Setup mit Shopify kann in vielen Fällen nicht nur einfacher, sondern auch effektiver sein – selbst in stark contentgetriebenen Cases.

Wie XbyX Content & Commerce auf Shopify erfolgreich verzahnt, erfährst du in der Case Study.

4.5. Wie Headless für Paul Valentine zum Fehler wurde

Ein besonders eindrückliches Beispiel liefert die Geschichte von Paul Valentine: Innerhalb weniger Jahre wuchs die Marke durch starkes Performance- und Influencer-Marketing auf über 30 Mio. € Umsatz. Der rasante Erfolg wurde allerdings nicht von einer stabilen Infrastruktur begleitet. Im Gegenteil: Interne Prozesse, Kostenkontrolle und technologische Klarheit blieben hinter dem Wachstum zurück.

Ein Teil der Herausforderungen: Ein Headless-Setup wurde eingeführt, allerdings ohne den erhofften Mehrwert. Rückblickend nennt Gründer Paul Franzreb den Headless-Versuch als einen der teuersten Fehler:

„Wir hatten eine Zeit lang Headless Commerce eingeführt, was auf dem Papier gut aussah, aber nicht den gewünschten Effekt gebracht hat – und viel Komplexität und Kosten verursacht hat.“

Die Folge: 2023 musste das Unternehmen Insolvenz anmelden. Alle Details hierzu teilt Paul Franzreb in einer Folge des Snocksulting Podcasts.

5. Fazit: Nicht was möglich ist, sondern was sinnvoll ist

Auch für Shopify Shops gilt: Nicht alles, was umsetzbar ist, ist auch sinnvoll. Der Unterschied zwischen Shopify Storefront und Headless ist nicht nur technisch – sondern strategisch.

Aus unseren Erfahrungen zeigt sich immer wieder: Shopify Themes bieten für die meisten Marken eine optimale Balance aus Flexibilität, Skalierbarkeit und Effizienz. Sie ermöglichen einen schnellen Start, einfache Pflege und den direkten Zugang zum gesamten Shopify Ökosystem.

Headless kann die richtige Wahl sein, wenn die Anforderungen klar definiert, die Ressourcen gesichert und die technischen Voraussetzungen gegeben sind. Doch gerade diese Voraussetzungen sind selten selbstverständlich.

Unsere Empfehlung: Entscheidungen nicht an aktuellen Trends, sondern am eigenen Zielbild ausrichten. Nicht fragen, was theoretisch möglich ist. Sondern: Was bringt deinen Shop konkret weiter?

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