Barrierefreiheit ist ein sehr präsentes, da dringendes Thema, weil viele Menschen mit Behinderung nach wie vor nicht durch ihre Behinderung behindert werden, sondern durch die Hürden im Alltag. Allerdings bringt man den Ausdruck meist mit der Beseitigung von physischen Hürden in Verbindung, insofern könnte es eventuell auf den ersten Blick irritierend erscheinen, dass es auch im Netz eine Barrierefreiheit gibt bzw. geben muss.

Gerade im Zeitalter der Digitalisierung muss man aber auch darauf achten, dass Onlineauftritte und -angebote für alle Menschen problemlos erreichbar sein sollten und dass ein Teil der Bevölkerung aufgrund ihrer Behinderung von der Online-Teilhabe nicht de facto ausgeschlossen wird. Dies ist nicht nur wichtig aufgrund der demografischen Entwicklung hin zu einer alternden Gesellschaft, die mit einem stetig erhöhten Anteil an Menschen einhergeht, bei denen es mit dem Alter zu mehr Beeinträchtigungen kommt. Beeinträchtigungen können schließlich jeden Menschen in jeder Altersgruppe betreffen. So lebten den aktuellen Daten des Statistischen Bundesamtes zufolge Ende 2019 7,9 Millionen schwerbehinderte Menschen in Deutschland, was einem Bevölkerungsanteil von 9,5% entspricht; ein Anstieg um 1,8% verglichen mit den Daten von Ende 2017.

Barrierefreiheit im Internet, wann ist sie Pflicht?

Das Thema besitzt, auch angesichts der oben genannten Zahlen, eine hohe Relevanz; und zwar so sehr, dass die EU im Jahre 2019 eine rechtliche Grundlage für Barrierefreiheit im Netz gebildet und eine Richtlinie erlassen hat, den "European Accessibility Act (EAA)". Die Richtlinie bezieht sich freilich nicht nur auf E-Commerce, sondern im Allgemeinen auch auf bestimmte Produkte (wie E-Books) und Dienstleistungen. Aktuell ergibt sich daraus jedoch noch keine rechtliche Verpflichtung: denn im Gegensatz zu einer EU-Verordnung, die unmittelbar in allen Mitgliedsländern gilt, müssen EU-Richtlinien zunächst in nationales Recht überführt und als Gesetz verabschiedet werden. Erst danach sind sie rechtlich verpflichtend. Bis Ende Juni 2022 ist dies der Fall, also bis zu diesem Zeitpunkt müssen die Parlamente der Mitgliedsländer die Richtlinie der EU als Gesetz verabschieden. Ab Juli 2025 müssen die Vorgaben dann endgültig angewandt werden.

Gilt der European Accessibility Act (EAA) für alle Händler*innen im E-Commerce?

Für Kleinunternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten und einem Jahresumsatz oder einer Jahresbilanzsumme von maximal 2 Millionen € gilt eine Ausnahme, sie sind von der Verpflichtung befreit. De jure müssen sie also nicht Barrierefreiheit garantieren, dennoch empfiehlt es sich, es doch zu tun; nicht nur, um neue Käufergruppen zu erschließen, sondern vor allem deshalb, um allen Menschen eine Teilhabe zu ermöglichen. Barrierefreiheit wirkt sich übrigens auch positiv auf die SEO und die Rankingposition in Suchmaschinen aus. Zwar ist Barrierefreiheit an sich kein SEO-Faktor, aber dafür die Maßnahmen, die dafür getroffen werden. Was dies konkret bedeutet, erklären wir Dir im Folgenden.

Was bedeutet die Verpflichtung konkret für Händler*innen im E-Commerce?

Die gute Nachricht: Viele Aspekte der Barrierefreiheit werden von Onlineshopbetreiber*innen bereits unbewusst umgesetzt, wenn auch in einem anderen Kontext und mit einer anderen Intention. Denn im Grunde betrifft die Barrierefreiheit die visuelle Darstellung und die Benutzerfreundlichkeit von Onlineshops.

Barrieren im Netz und mögliche Lösungen

Für Menschen mit eingeschränktem oder fehlendem Sehvermögen

Barrieren: Die Schrift ist zu klein und schlecht lesbar, die Farbkontraste sind nicht leicht voneinander zu unterscheiden.

Relevanz: Diese Aspekte werden von Händler*innen bei der Gestaltung ihrer Onlineshops bereits jetzt berücksichtigt, damit die visuelle Darstellung benutzerfreundlich sind. 

Lösung:Die Schrift sollte groß genug und farblich gut erkennbar sein, also einen Kontrast zur Hintergrundfarbe bieten. Auch sollte bei der Schriftart berücksichtigt werden, dass sie gut lesbar ist. 

Was jedoch viele vernachlässigen, sind Alt-Texte für Bilder, die die Bilder textlich beschreiben. Oft werden Alt-Tags im Zusammenhang mit SEO erwähnt, jedoch werden Alt-Texte auch von sogenannten Screenreadern ausgelesen; das sind sprach- und gestengesteuerte Tools und Apps, die u.a. Alt-Texte für Menschen mit eingeschränktem oder fehlendem Sehvermögen "vorlesen", damit sie wissen, worum es bei den grafischen Darstellungen geht. Insofern sollten die Alt-Texte eine kurze, beschreibende, aber auch relevante Beschreibungen sein; dass also das, was eine Grafik darstellt, auch den Kontext wiedergibt. Wenn beispielsweise ein kosmetisches Produkt Meersalz enthält und auf dem dazugehörigen Bild Meersalz abgebildet ist, dann sollte der Alt-Text nicht bloß Meersalz lauten, sondern Meersalz als natürliches Peelingmittel.

Für Menschen mit eingeschränktem oder fehlendem Hörvermögen 

Barrieren: Videos enthalten keine Untertitel oder sind nicht in Gebärdensprache verfügbar.

Relevanz: Dies dürfte viele Händler*innen nicht betreffen, da noch wenige von Produktvideos Gebrauch machen. Allerdings könnte sich das in einigen Jahren, wenn Barrierefreiheit im Netz rechtlich verpflichtend ist, eventuell ändern. 

Lösung: Untertitel für Videos erstellen, manche Anbieter tun dies sogar automatisch mithilfe von KI. Ein Tool, das automatisch Untertitel für Videos erstellt, bietet beispielsweise das niederländische Unternehmen AmberScript.

Für Menschen mit eingeschränktem kognitiven Vermögen

Barrieren: Die Navigation und die Struktur der Websites sowie die Formulierungen sind zu kompliziert, Produktinformationen zu umfangreich und nicht laiengerecht, ein zahlungspflichtiger Kauf ist nicht hinreichend gekennzeichnet.

Relevanz: Auch diese Aspekte werden im Rahmen der Shop-Optimierung bereits jetzt berücksichtigt, damit die Shops benutzerfreundlich sind, weil sie für den Erfolg des Shops essenziell sind.

Lösung: Verständliche und möglichst einfache Menüs, aus denen hervorgeht, was man wo finden kann, ohne lange suchen zu müssen. Produktinformationen dürfen zwar gerne umfangreich sein, sollten aber unter Umständen um kurze und verständliche Stichpunkte ergänzt werden. Falls mit einem Klick eine zahlungspflichtige Bestellung aufgegeben wird, sollte der Button auch entsprechend darauf hinweisen.

Fazit

Barrierefreiheit, ob im Netz oder nicht, ist Thema, das bereits jetzt eine hohe Relevanz besitzt. Und in Zukunft wird dies noch wichtiger sein, denn die meisten Beeinträchtigungen werden im Laufe des Lebens erworben und auch jene mit einer hohen digitalen Affinität werden verstärkt betroffen sein. Barrierefreiheit hat zwar positive Auswirkungen auf die SEO und die Benutzerfreundlichkeit, im Vordergrund sollte aber die Inklusion stehen und dass Menschen, unabhängig ihrer Fähigkeiten, gleichberechtigt sind. Und das Beste ist, dass viele Aspekte der Barrierefreiheit, selbst ohne rechtliche Verpflichtung, ohnehin eine allgemeingültige Wichtigkeit besitzen. Denn auch auch Menschen, die keine Beeinträchtigungen haben, profitieren davon. Es erfordert teilweise mehr Arbeit,  vielleicht eine Feinjustierung, mehr Sorgfalt und Feingefühl, aber letztendlich kommt dies allen zugute. 

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