Kundenbewertungen gehören wohl zu den effektivsten Social-Proof-Elementen im E-Commerce. Denn das Prinzip des Social Proof, also der "sozialen Bewährtheit", ist keine moderne Erfindung des Marketing, sondern folgt einem psychologischen Verhaltensmuster, das bereits 1984 vom US-amerikanischen Professor für Psychologie und Marketing Robert Cialdini beschrieben wurde: Menschen neigen dazu, in bestimmten Situationen das Verhalten einer anderen Gruppe von Menschen nachzuahmen, weil sie dies für bewährt halten. Oder grob ausgedrückt: Wenn schon so viele Menschen etwas Bestimmtes getan haben, dann muss das schon richtig sein, so die Annahme.

In den E-Commerce umgemünzt bedeutet das also, dass positive Rezensionen andere dazu verleiten, das Produkt auch zu kaufen oder in dem Shop etwas zu kaufen, weil es sich bewährt zu haben scheint;  andere haben es schließlich auch getan und sind offenbar zufrieden gewesen. Besonders wichtig ist dies für die Conversion Rate, denn gerade neue und vielleicht noch skeptische Besucher:innen eines Shops zögern erst mal, bevor sie einen Kauf in einem Shop oder den Kauf eines Produktes tätigen, was sie noch nicht kennen. Dabei wirken Kundenbewertungen als Booster bei der Entscheidungsfindung, sodass die Wahrscheinlichkeit, dass aus ihnen letztendlich auch Käufer:innen werden, steigt.

Es ist auch der Bedeutung von Social Proof und Kundenbewertungen zu verdanken, dass es mittlerweile zahlreiche Apps und Lösungen dafür gibt. Aber was müssen Händler:innen rechtlich beachten, wenn es um Kundenbewertungen geht? Denn da gibt es einige Aspekte, die rechtlich relevant wären, deren aber einige Händler:innen vielleicht nicht bewusst sind. Was ist also erlaubt und was ist rechtswidrig? Wir haben dazu mit Melvin Dreyer, einem Juristen und Fachredakteur im Rechtsbereich beim Händlerbund, darüber gesprochen.

Allerdings möchten wir darauf hinweisen, dass dieser Blog-Artikel keine Rechtsberatung darstellt, sondern lediglich das Gespräch mit Melvin wiedergibt, da wir selbst keine Jurist:innen sind. Bei konkreten rechtlichen Fragen bitten wir Dich daher, eine:n Jurist:in zu konsultieren.

Kundenbewertungen nicht selbst verfassen!

Beginnen wir mit dem Offensichtlichen: Dass man als Händler:in selbst oder die Angehörigen Kundenbewertungen verfassen, ist selbstverständlich nicht erlaubt. Gerade für Neulinge im E-Commerce könnte die Versuchung groß sein, ein bisschen "nachzuhelfen", um mit (Fake-)Kundenbewertungen Besucher:innen, die wegen der fehlenden Kundenbewertungen noch skeptisch sind, dazu zu bringen, einen Kauf zu tätigen. Das ist jedoch Täuschung von Verbraucher:innen und eindeutig eine Manipulation bzw. Irreführung. Händler:innen stehen schließlich Produktbeschreibungen zur Verfügung, um ihre Produkte zu bewerben und ihre positiven Eigenschaften hervorzuheben.

Was ist mit der Bitte um eine Kundenbewertung?

Die Neigung von Kund:innen, Rezensionen zu verfassen, ist in der Regel nicht sehr hoch. Gerade, wenn sie zufrieden sind und alles in Ordnung ist, wird seltener bewertet; bei Problemen dagegen deutlich öfter. Aber wie kann man Kund:innen dazu bringen, eine Bewertung abzugeben? Indem man sie darum bittet, ganz klar.

Aber da müssen Händler:innen vorsichtig sein, denn eine Mail mit der Bitte um eine Bewertung darf erst dann verschickt werden, wenn die Kund:innen dem Versenden von Mails bzw. Newslettern zuvor ausdrücklich ihre Zustimmung erteilt haben. Andernfalls gilt dies als unzulässige Werbung, wie der BGH entschieden hat. Auch in der Rechnungsmail, wie in dem verhandelten Fall, oder beispielsweise auch der Bestellbestätigung darum zu bitten ist nichts rechtskonform. Denn Bewertungen haben, wie bereits erwähnt, eine absatzfördernde Wirkung und sich auch letztendlich Werbung für das Produkt bzw. den Shop, wenn auch auf einer etwas abstrakten Ebene.

Sind Kundenbewertungen als Gegenleistung für das Produkt erlaubt?

Wenn Händler:innen einer Person ein Produkt zum Testen verschicken und als Gegenleistung eine Kundenbewertung wünschen, ist dies erlaubt, solange dies als Werbung gekennzeichnet ist. Schließlich werben Händler:innen in diesem Falle bei den Tester:innen um ihr Produkt, was ja auch das Geschäftsmodell von Influencer:innen ist. Allerdings müssen Händler:innen beachten, dass einige Marktplätze wie Amazon auch dies auch mit entsprechender Kennzeichnung nicht zulassen.

Was ist mit irreführenden Kundenbewertungen?

Auch zu diesem Thema hat der BGH ein Urteil gefällt, dass nämlich Händler:innen für irreführende Kundenbewertungen nicht haften. Wenn Kund:innen also in ihrer Rezension dem Produkt eine Eigenschaft zuschreiben (z.B. “schmerzlindernd”), für die es keine (wissenschaftlichen) Belege gibt, spiegelt dies ihre persönliche Meinung bzw. das persönliche Empfinden wider und kann nicht der:dem Händler:in angelastet werden. Allerdings ging es in dem verhandelten Fall konkret um einen Amazon-Händler, der keinen Einfluss auf die Rezensionen und ihre grafische Darstellung hat. Auch wenn es nicht konkret um Händler:innen mit eigenem Shop geht, wo es viele Möglichkeiten der grafischen Darstellung gibt, sollte man sich irreführende Kundenbewertungen nicht zu eigen machen. Wenn also mit der irreführenden Kundenbewertung aktiv geworben wird, indem sie beispielsweise auf der Startseite gefeatured wird oder sie zum Zwecke der Werbung sonst wie prominent platziert ist, wird dies schwieriger. Und wenn diese Bewertung als Gegenleistung für das Testen bzw. Überlassen des Produktes erfolgt und irreführend ist, können sich Händler:innen sogar strafbar machen. Das sind aber ohnehin sehr seltene Fälle und dürfte für die allermeisten Händler:innen kein Thema sein.

Kann man mit Kundenbewertungen werben?

Wenn die Kundenbewertungen von echten Kund:innen stammen und sie wahrheitsgemäße Angaben machen, was die Funktionalitäten oder die Eigenschaften des Produktes angeht, können Händler:innen damit auch natürlich werben und sie auch beispielsweise im Shop prominent platzieren. Letztendlich ist dies ja auch der Sinn und Zweck. 

Kann man Kundenbewertungen löschen?

Gerade einige Shopify-Apps erlauben es Händler:innen, Kundenbewertungen auch zu löschen. Bei Drittanbietern wie Trustpilot ist dies dagegen nicht möglich. Kundenbewertungen können nur unter der Voraussetzung gelöscht werden, dass es sich bei ihnen um Falschbehauptungen oder gar um Beleidigungen handelt. Da können Händler:innen unter Umständen sogar selbst rechtlich dagegen vorgehen. Eine sachlich formulierte negative Kritik hingegen müssen Händler:innen akzeptieren und dürfen sie nicht löschen, denn sie fällt unter die freie Meinungsäußerung. Eine Löschung hätte also im äußersten Falle sehr unangenehme Folgen. Eine negative Kritik sollten Händler:innen aber nicht als etwas Entmutigendes begreifen, sondern als wertvolles Feedback, das vielleicht aufzeigt, wo es noch hakt und es Optimierungsbedarf gibt.

Fazit

Kundenbewertungen spielen ganz besonder, aber nicht nur für Neulinge im E-Commerce eine entscheidende Rolle, sodass es äußerst empfehlenswert ist, sie zu ermöglichen. Schließlich gibt es dafür zahlreiche Lösungen, von Apps bis Drittanbietern gibt es Lösungen für jedes Budget. Allerdings sollte man Abstand davon nehmen, da "nachzuhelfen", indem man selbst Rezensionen verfasst oder Freunde/Angehörige welche verfassen lässt. Schließlich heißen Kundenbewertungen nicht umsonst so. Indem man von Kund:innen freundlich um Zustimmung für den Mailversand bittet, kann man sie auch später um eine Rezension bitten. Die:der ein:e oder andere wird sicherlich der Bitte nachkommen.

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