Personalengpässe und -ausfälle drohen fast schon zur Regel zu werden und beeinträchtigen mittlerweile viele Branchen. Da dürften die neuen Zahlen der Bundesnetzagentur, laut denen die Zahl der Paket-Beschwerden deutlich gestiegen sind, auch nicht überraschen.
Zwar liegt die absolute Zahl der Beschwerden in Relation zur Gesamtmenge der verschickten Pakete recht niedrig (8921 im ersten Halbjahr 2022), allerdings ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen, da vermutlich nicht alle Verbraucher:innen Kenntnis von der Möglichkeit haben dürften, sich bei Problemen an die Bundesnetzagentur zu melden.
Nichtsdestotrotz: Händler:innen -gerade jene, die neu in den E-Commerce einsteigen- sollten wissen, was sie tun müssen, wenn eine Zustellung misslingt.
Vorher aber noch ein wichtiger Hinweis: Da wir keine Jurist:innen sind, dient dieser Artikel lediglich zur Informationswiedergabe und Orientierung und stellt keinen juristischen Rat dar. Bei konkreten Problemen bitten wir Dich daher, eine:n Jurist:in zu konsultieren.
Wer haftet wann, wenn die Zustellung misslingt?
Im Kaufvertragsverhältnis zwischen Händler:in und Kund:in ist die Sache eindeutig: Händler:innen haften grundsätzlich so lange für das Paket, bis es beim:bei der Kund:in ankommt. Selbst wenn Du also als Händler:in belegen kannst, dass Du das Paket verschickt hast, können Kund:innen die Erstattung des Kaufpreises verlangen, wenn sie das Paket nicht erhalten und die Bestellung daraufhin stornieren, weil es während des Transports verloren gegangen ist.
Allerdings herrscht natürlich auch ein Vertragsverhältnis zwischen Händler:in und Versandunternehmen. Falls ein während des Transports Paket verloren geht, kannst Du Ansprüche beim Versandunternehmen geltend machen; denn es ist ja für die Zustellung verantwortlich und wird dafür ja auch von Dir bezahlt. Daher steht es auch in der Beweispflicht.
Anders sieht es im Falle von Abstellgenehmigungen aus: Wählt ein:e Kund:in bzw. Empfänger:in einen Ablageort, wo das Paket hinterlegt werden soll, übernimmt er:sie die Haftung dafür, wenn die Zustellung tatsächlich erfolgt, er:sie es aber nicht persönlich in Empfang nehmen kann. Denn mit der Erteilung der Abstellgenehmigung übernimmt der:die Empfänger auch die Haftung.
In diesem Falle hat der BGH im Mai 2022 auch für mehr Rechtssicherheit gesorgt, indem er darüber geurteilt hat, dass die zuvor gängige Praxis, wonach ein Paket als zugestellt gilt, sobald es am Ablageort hinterlegt worden ist, ohne den:die Empfänger:in zu benachrichtigen, unwirksam ist. Das bedeutet, dass die Empfänger:innen benachrichtigt werden müssen, wenn ein Paket am Ablageort hinterlegt wird. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass ein Paket etwa gestohlen werden kann, solange es nicht von dem:der Empfänger:in abgeholt werden kann, weil er:sie von der Zustellung nichts weiß, ist relativ hoch und benachteiligt sie daher.
In diesem Falle liegt es aber im Ermessen des:der Händler:in, ob der Kaufbetrag aus Gründen der Kulanz erstattet wird, selbst wenn der:die Kund:in de facto und de jure im Unrecht ist. Bei Bestellungen mit einem relativ niedrigen Wert ist dies eher denkbar als bei teuren Produkten.
Was gilt bei Retouren?
Auch bei Retouren gilt, dass Händler:innen für die Retoure haften, während sie sich in der Zustellung befindet, sobald (und obwohl) der:die Kund:in sie verschickt hat. Im BGB heißt es diesbezüglich: Der Unternehmer trägt bei Widerruf die Gefahr der Rücksendung der Waren (§ 355 Abs. 3 S. 4). Das bedeutet, dass Händler:innen auch dann den Betrag der Retoure erstatten müssen, selbst wenn sie sie nicht erhalten, der:die Kund:in aber beweisen kann, dass er:sie sie verschickt hat.
Das Knifflige an der Sache: Kund:innen müssen das Versenden der Retoure zwar beweisen, aber der Nachweis mittels Sendungsnummer wird vom Gesetzgeber nicht verlangt. Ausreichend ist auch eine "valide Zeug:innenaussage".
Allerdings haben auch Käufer:innen Pflichten: die Retoure muss nämlich angemessen und sicher verpackt sein. Wenn sie also das zu retournierende Produkt lediglich in einem dünnen Versandumschlag per Post verschicken, obwohl von der Beschaffenheit und/oder vom Gewicht des Produktes her ein Paketversand angebracht wäre, würden sie ihre Sorgfaltspflicht verletzen.
Falls es sich um ein teures Produkt handelt und man als Händler:in nicht auf den Kosten sitzen bleiben möchte (oder kann), kann man in Erwägung ziehen, die Angelegenheit auf juristischem Wege zu lösen. Ob man Erfolg haben kann, hängt stark vom Einzelfall ab.
Fazit
Auch wenn wir natürlich inständig hoffen, dass Du nicht mit so einem Problem konfrontiert wirst, solltest Du Dir Gedanken machen, wie Du vorgehen solltest, falls so etwas wider Erwarten doch auftreten sollte. Neben rechtlichen Verpflichtungen, die im schlimmsten Falle dafür sorgen, dass Du auf den Kosten sitzen bleibst, kann nämlich auch Kulanz eine Rolle spielen. Bei komplexen Problemen, bei denen auch das Finanzielle eine größere Rolle spielt, solltest Du hingegen eine Anwältin oder einen Anwalt zu Rate ziehen.
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